Hi,
hab heute den ganzen Tag über das Problem nachgegrübelt und ich glaube, mir ist dabei erstmalig bewusst geworden, was es mit dem imperialen System eigentlich wirklich auf sich hat.
Früher hab ich immer gedacht, die ham doch nen Sockenschuss, mit ihren 3/8 Zoll und ähnlichem, zum einen ist das Zoll ein absolut krummes Maß und zum andern muss einen das ja echt wahnsinnig machen da ständig Maße wie 37/64 umzurechnen ;)
Mein Denkfehler war wohl der, das ichs zum einen zu eng aus meinem gewohnten Blickwinkel, also halt des metrischen und dezimalen Zahlensystems heraus betrachtet habe. Desweiteren hab ich das krumme Maß "Zoll" im Mittelpunkt gesehen.
Jetzt ist mir klargeworden: neenee, das ist ganz anders. ;) Es kommt überhaupt nicht auf das Maß Zoll an, die hätten genausogut auch drei Daumendicken oder 4,3 Lichtjahre nehmen können, es ist eigentlich ziemlich egal, auf welches Referenzmaß da Bezug genommen wird, hauptsache es ist so dimensioniert, das sichs ein normaler Mensch einigermaßen gut plastisch vorstellen und vor Augen führen kann, also soone Art inneres Augenmaß davon hat, wieviel das ungefähr ist.
Was der eigentlich Dreh und Angelpunkt ist, das ist die Geschichte mit den Bruchteilen. Ich muss nämlich im praktischen Alltag gar nicht genau wissen, wieviel Millimeter 1/2 Zoll nun genau hat. Wenn ich zwei Bretter von jeweils 1/4 Zoll Stärke mit einer Schraube verbinden will, dann muss die halt min. 1/2 " lang sein für die Brettstärke , plus meinetwegen einem weiteren 1/4" für die Mutter, macht dann also insgesamt 3/4 ". Da nun erschwerend (oder besser begünstigend) hinzukommt, das bei denen (also den "Imperialen") nun wirklich alles und jedes auf diese Art von Messung ausgelegt ist, gibts auch eben alles in den passenden Längen und Stärken, d.h. eine Schraube ist tatsächlich 3/4" lang und ein Aluwinkel tatsächlich 1/8" dick. Der Durchschnitts-user, der in diesem System und mit dieser Denkweise aufgewachsen ist, wird also ehr nicht, oder zumindest solange er nicht zwingend muss, anfangen, das ganze in Millimeter umzurechnen. Stattdessen ist er eher gewohnt, in Brüchen zu rechnen um zu sehen obs ungefähr passt.
Das ist auch der Grund dafür, warum in Vitalys Raster alles so schön ineinander passt. Von ihm kam eigentlich nur die Auswahl, ein Zoll als Grundeinheit zu nehmen und einzuschätzen das bei dieser Winkelbreite eine Stärke von 1/8" eine hinreichende Steifigkeit für ein Contraption aufweisen könnte. Bzw. auch, das bei dieser Breite und Stärke und der resultierenden hinreichenden Steifigkeit gleichzeitig eine untere Grenze beim Materialpreis bzw. ein möglichst optimales "Preis/Steifigkeits"-Verhältnis gegeben ist. Der Rest ist einfach eine grundlegende Eigenschaft des imperialen Systems, bzw. des Umstandes, das in der Praxis alle Maße von Standardbauteilen darin eingebettet sind und, ganz wichtig, entsprechend teilbar sind.
Tja, soviel zu meinen heutigen Erkenntnissen, es mag vielleicht etwas banal erscheinen, aber für mich war das wirklich eine Art Knackpunkt.
OK, was bedeutet das nun für unser Problem bei der Umsetzung eines metrischen Contraptor-Systems ?
M.E. vor allem, das wir tatsächlich ein echtes Problem haben ;)
Nämlich das, das es nicht reicht, einfach nur beispielsweise die Zoll-Maße für Winkel oder Schrauben auf oder abzurunden. Dazu sind wir aber schon aus mindestens zwei Gründen gezwungen.
Der erste und offensichtliche Grund ist, das es bei uns einfach keine handelsüblichen Standard-Bauteile gibt, die Maße wie die 6,25mm aus Christophs Beispiel aufweisen.
Der zweite und vielleicht weniger offensichtliche Grund, sind die resultierende Genauigkeit und Präzision. Um einen Wert in einer bestimmten Größenordnung messen (oder ein Bauteil entsprechend herstellen) zu können, bedarf es eines Messgerätes (oder einer Produktionsmaschine), deren Genauigkeit um mindestens eine, oder besser noch zwei Größenordnungen feiner ist. D.h., bei einem Maß von 6.25 mm müssten wir in einem Genauigkeistbereich von min. 6.250 mm oder besser noch 6.2500 mm messen und operieren können. Also im tausendstel oder Zehntausendstel Millimeter-Bereich. Das dürfte in der Praxis wohl schwierig bis unmöglich sein, mit meiner Schieblehre bin ich grad mal im Zehntel-mm-Bereich, mit ner guten und teuren, vielleicht digitalen Schieblehre komme ich vielleicht noch ein oder zwei Größenordnungen höher, also kann ich mit viel Aufwand in dem Bereich vielleicht noch messen, aber spätestens beim produzieren wirds schwierig. (Ich muss dazu sagen, das sich mich bislang mit Holzverarbeitung beschäftigt habe, ein gestandener Metaller mag das vielleicht anders sehen und bearbeitet ein Stück Alu mit ner Feile mal eben auf nen zehntausendstel Milimeter genau, falls dem so ist lass ich mich gern eines besseren belehren ;))
Na, wieauchimmer, ich glaube, der entscheidende Aspekt, auf den wir unsere Aufmerksamkeit richten sollten, das ist der Aspekt der Teilbarkeit.
Welche im imperialen System ja auch gegeben ist, bei uns aber nicht. Damit stehen wir vor einer Zwickmühlen-Situation, d.h., wir können zur Not noch das Zoll abrunden auf 25mm und das Achtel-Zoll auf 3mm und können sogar tatsächlich auch einen Aluwinkel als Standardbauteil in dieser Breite und Materialstärke bei uns beziehen.
Aber, ausgehend von der Materialstärke, ist dann die Teilbarkeit nicht mehr gegeben. D.h., wenn man 4 mal die Materialstärke aufeinanderschichtet, dann ist man nicht in der Mitte der Winkelbreite, sondern genau 1mm darunter oder darüber.
D.h., bei uns ist die Teilbarkeit einfach nicht gegeben udn Dinge wie Materialstärke einerseits und Winkelbreite andererseits stehen bei uns nicht darüber in Bezug miteinander. Dieser Bezug fehlt bei uns schlichtweg im Hinblick auf erhältliche Standardmaße.
Was bedeutet das nun in der Praxis ? Zunächst einmal, das eine direkte Umsetzung mit Standardbauteilen so nicht möglich ist.
Daraus ergeben sich aus meiner Sicht zwei Alternativen, nach denen man verfahren könnte:
1. Wir finden uns damit ab und nehmen es einfach mal so hin, das sich bei uns dieses schöne Rasterprinzip so nicht umsetzen lässt und versuchen in einem pragmatischen Ansatz, die Bauteile zumindest in ihrer ungefähren Dimensionierung den Original-contraptor-Bauteilen einigermaßen anzunähern. Dies entspricht auch dem bisher eingeschlagenen Weg beim metrischen Contraptor und m.E. ists im grunde auch nicht gar so schlimm, wenn nicht immer alles per se so wunderhübsch ins Raster passt, das ist zwar nice to have, aber falls nicht so kann man ungeachtet dessen dennoch etwas funktionierendes damit bauen. Zum einen kann man das ja schon vorab bei der Konstruktion (virtuell, via Sketchup) berücksichtigen und zum andern muss man dann halt vielleicht hier und da mal ein Extra-Loch bohren oder einen fehlenden Milimeter mit Unterlegscheiben überbrücken oder Ähnliches.
2. man folgt der reinen Lehre, und entwickelt ein metrisches Contraptor-System, welches den Aspekt der Teilbarkeit berücksichtigt und darüber einen Bezug etwa zwischen Materialstärke und Winkelbreite erstellt. Das ist kein Ding der Unmöglichkeit, allerdings würden die Bauteile dann vom original-contraptor in ihrer Dimensionierung stärker abweichen. Aus meiner Sicht sicherlich der bessere oder sagen wir mal interessantere Weg. Dummerweise hab ich mir gerade 18m 25er -Winkelprofile gekauft ;)
Seis drum. Vielleicht kann man ja beide Ansätze parallel verfolgen und in einem späteren Stadium vielleicht sogar Verbindungen zwischen beiden Welten schaffen.
Immerhin haben wir ja dank Sketchup die Möglichkeit, das zweite System mit null Kostenaufwand zunächst rein virtuell zu entwickeln und zu definieren und sogar damit was zu konstruieren, ohne real auch nur einen müden Euro für ein Aluprofil vorab ausgegeben haben zu müssen.
Was die Verbindungen angeht, nunja, die Löcher sind ja z.B. immer in der Mitte gebohrt. ;) Damit kann ich z.B. einen 25er Winkel an ein anderes breiteres teil anschrauben und der verbleibende Platz ist immernoch symetrisch nach oben und unten gleichmässig verteilt. OK, dieser Gedankengang muss vielleicht noch etwas weiter ausgebaut werden, das war jetzt nur mal ein Schuss ins Blaue ;)
Aber nochmal zurück zum zweiten Ansatz, ich möchte nochmal kurz anreissen, wie der in der Praxis aussehen könnte.
Wichtig ist der Aspekt der Teilbarkeit. Wir nehmen dazu anstatt dem Zoll eine Grundeinheit von 2cm, was das theoretische Rastersystem betrifft. Was die Grundbauteile betrifft, erscheint es mir sinnvoll, von zwei Grundwinkeln auszugehen, und zwar einen mit jeweils 40mm Schenkellänge und 4mm Stärke. Der dürfte zwar ziemlich teuer sein, aber vielleicht würde man davon nur ein paar größere Längen vor allem für Rahmenbauteile machen und nur ein oder zwei kurze Stücke als Verbindungswinkel. Für die ganzen Zwischenlängen, also die kurzen und die mittleren würden wir einen weiteren Grundwinkel nehmen mit 20mm Schenkellänge und entweder ebenfalls 4mm Stärke, oder vielleicht auch nur 2. Oder beides, ich bin mir da noch nicht ganz schlüssig. 4mm dürfte beim 20er Winkel nicht so leicht zu bekommen sein und ist dann wohl aufrgund der Dicke vermutlich auch nicht ganz billig, andererseits hätte dieese Materialstärke natürlich aufgrund ihrer Steifigkeit ihren besonderen Reiz bei der konstruktion. 20er-Winkel mit 2mm Stärke gibts dagegen in jedem Baumarkt und kosten auch nicht soviel, sind aber möglicherweise etwas zu schlabberig.
Auf jedenfall hätten wir dann eine Zahlenreihe, die etwa so aussieht: 5mm, 10mm, 20mm, 40mm, 80mm. Wobei letzteres bei uns in der Praxis wohl nicht benötigt wird, aber ich wollte die Zahlenreihe halt verdeutlichen.
Und, btw. 20er, 40er und 80er sind übrigens auch die Standardreihen bei den T-Slot-Profilen (heissen die so ?), also Item und Bosch und sowas (wobei es bei denen zwar auch noch 30er und 60er gibt, aber die können wir aufgrund unseres angestrebten teilbarkeits-Prinzips nicht gebrauchen ;)). Hier wäre eine schöne und reizvolle Kompatibilität gegeben und mit den beiden Hauptmaßen 20mm und 40mm auch preislich noch einigermaßen erschwinglich, bzw. die 20er sogar richtig günstig (ca. 3.50 EUR pro laufendem Meter). Schrauben und Löcher wären dann M5, bzw. 5mm Durchmesser, was auch innerhalb unserer Zahlenreihe liegt.
Auch sind Schraubenlängen in 20 und 40mm absolut gängige Größen.
Ich hoffe damit wird deutlich, das wir bei dieser Variante die gleichen Eigenschaften wie beim imperialen System haben.
OK, soviel dazu. Das hat jetzt zwar noch nicht viel mit den Rails zu tun, aber sind halt ein paar grundlegende Betrachtungen dazu, die dann je nach gewählter Variante die Gegebenheiten für die komplexeren Zusammenhänge vorgeben.
Gruss, Oliver